Genetische Defekte - keine Kavaliersdelikte

Ich kann mir vorstellen, dass die Meisten hier nur eine Auflistung von vorkommenden Krankheiten erwartet haben.

Bevor diese Gen-Erkrankungen aber einen Namen bekommen, müssen wir erst einmal das Rüstzeug haben, um die Entstehung zu verstehen:

Erbkrankheiten entstehen durch Mutationen, d. h. Veränderungen,  im Erbgut der Eltern, die an die Nachkommen unsichtbar weitergegeben werden können

Bei der Zeugung erhalten die Nachkommen einen doppelten Chromosomensatz - einen von der Mutter und einen vom Vater.  Man spricht dabei von den zwei Allelen, was bedeutet, dass die Gene in doppelter Form vorliegen. Wenn nun beide das gleiche Merkmal oder die gleiche fehlerhafte Mutation aufweisen, dann spricht man von einem homozygoten Defekt. Wenn nur eine der elterlichen Erbanlagen das Merkmal oder diese Besonderheit aufweist, dann nennt man dies heterozygot.

 
Allerdings muss man hier noch den Erbgang berücksichtigen, der dafür sorgt, ob das Tier lediglich zum Trägertier wird oder sogar selbst  erkrankt bzw. geschädigt auf die Welt kommt.
 
Hier unterscheidet man zwischen dem dominanten, dem rezessiven, dem X-Chromosomen gebundenen und dem autosomalen Erbgang:
 
Bei dem dominanten Erbgang liegt ein Defekt auf einem der beiden Allele vor. Dadurch können Vater oder Mutter ein krankes Kitten produzieren, aber nur einer muss den Defekt tragen, damit es zum Vorschein kommt. Alle gesunden  Kitten aus dieser Verpaarung tragen mit ziemlicher Sicherheit den Gendefekt.
 
Der rezessive Erbgang ist gekennzeichnet davon, dass BEIDE Elterntiere die Genanomalien entweder sichtbar  oder versteckt in ihren Genen  tragen und somit ein Auftreten des Gendefektes bei den Kitten hervorrufen . Jedoch wird ein Kitten aus dieser Verpaarung höchstwahrscheinlich den Gendefekt an seine Nachkommen weitergeben, weshalb es dringend abzuraten ist, mit solchen Trägertieren zu züchten.
 
Bei X-Chromosomen gebundenen Erbgang liegt der Gendefekt auf dem X-Chromosom - dem "weiblichen" Chromosom... was bedeutet, dass männliche Tiere erkranken können und weibliche diese verdeckt weitergeben. Tragen aber beide Elterntiere auf ihrem X-Chromosom den Defekt dann können gleichermassen weibliche und männliche Tiere erkranken.      
 
Bei dem autosomalen Gendefekt liegt der Gendefekt nicht auf dem X-Chromosom und beide Elterntiere können ihn weitergeben  und selber sogar erkrankt sein. Hat man sich erst einmal klargemacht, welch weitreichende Bedeutung die genetischen Defekte in der Katzenzucht haben, dann sollte man versuchen, Tiere, die nachweisbar einen Defekt haben oder vererben,  aus der Zucht nehmen. Leider sind die Züchter nicht immer einsichtig und man hört Aussagen wie etwa "die Tiere sind doch so schön" und "bei mir ist das noch nicht vorgekommen, vielleicht hat Herr X oder Frau Y etwas falsch gemacht und deshalb ist der Defekt aufgetreten". Nur leider waren die Generationen davor schon nachweislich mit dem Gendefekt behaftet und auch diese Züchter haben sich hinter diesen Schutzbehauptungen versteckt. Ganz klar, es geht hier um z. T. tödliche Krankheiten und jeder, der damit züchtet, hat  auch  den späteren  Nachkommen gegenüber grob fahrlässig gehandelt.
 
Wie man herausfinden kann, ob die Katzen genetisch sauber sind ? Nur durch mehrmalige Verpaarungen mit gleichen Partnern über mehrere Generationen. Hören Sie sich um und sprechen Sie mit anderen Züchtern ehe Sie sich ein Zuchttier kaufen. Hören Sie von gravierenden Gendefekten, die u. U. tödlich oder zu einem lebenslangen Leiden der Nachkommen führen, dann lassen Sie besser die Finger davon. Das schont sowohl Ihre Nerven wie auch Ihren Geldbeutel, wenn Sie  keine teueren Behandlungen durchführen lassen müssen. Manche Katzen mit Patella Luxation müssen an die 10 Mal operiert werden.
Kommen wir aber nun zu den einzelnen Defekten, die leider auch bei den Birmas auftreten können:
 
  • offener Rachen (Wolfsrachen)
  • offener Rücken  Spina bifida
  • offener Bauch
  • Gaumenspalte
  • Hydrozephalus (Wasserkopf)
  • Mikrozephalus (zu kleiner Schädel)
  • Zyklopen (Einäugigkeit geht oft mit Hydrozephalus einher)
  • Fehlende Zehen
  • Überzählige Zehen
  • Kiefermißbildungen
  • Deformationen des Knochengerüsts
  • Sternum
  • Schielen
  • Herzerkrankungen wie RCM, HCM und DCM
  • PKD
  • Fehlendes Autoimmunsystem 
  • Verkümmerte Innenorgane
  • Fehlende Gliedmaße
  • Knickschwanz
  • Retinahautablösung
  • Fehlen des Augeninneren
  • Haarlosigkeit gekoppelt m. Autoimmundefekten  
  • Eosinophilie
  • Glukosespeichererkrankung
  • Diabetes
  • Patella luxation (Kniescheibe ist nicht richtig befestigt)
  • Liver shunt  
  • Dermoid cyst (haarige Stellen auf Innnenorganen od an Stellen, wo keine Haare sein dürfen wie dem Innenauge) 
  • Fehlendes Unterhautgewebe (Bubble syndrome)
  • IFB = Intestinal Food Bowl Disease - eine genetisch bedingte Magen- und Darmerkrankung
  • Fehlen des Kleinhirns od unvollständige Ausbildung des Kleinhirns (Ataxie)
  • Fehlendes Stammhirn
  • FIP - genetische Variante
  • Krebserkrankungen
  • Krypto- und Monorchismus bei Katern, die das 2. Lebensjahr vollendet haben
 
Sicherlich gibt es noch sehr viel mehr Gendefekte, die ich hier nicht genannt  habe, aber diese sind die häufigsten, die man leider auch von Birmas hört.
 
Durch die Einkreuzung anderer Rassen hat man viele der Defekte unbewusst mit herein bekommen - sozusagen als "kleines Geschenk" der Ursprungsrasse.
 
Man weiß, dass man Birmas in aller erster Linie mit Siamesen aber auch mit  Persern in div. Farben mit und ohne Maskenfaktor, Briten,  Somalis, Abessiniern, Norwegern, Maine Coons, Balinesen und  Hauskatzen verpaart hat.  Viele der Probleme aus diesen Rassen findet man nun häufiger in den Birmas, weshalb die sorgfältige Selektion immer wichtiger wird. Wohl dem, der weiß, was dahinter steckt. So bleibt von vielen unangenehmen "Überraschungen" verschont.
 
Einige dieser Defekt können  auch durch äußere Einflüsse wie Viruserkrankungen, falsche Ernährung, stressbedingte Haltung unsachgemäße tierärztliche Behandlung, durch Medikamente, etc.  erworben werden, wie etwa Herzerkrankungen oder Insuffizienzen der Innerorgane.
 
Man sollte bedenken, dass fast alle Birmas (ca.  90 % ) noch immer das Knickschwanzgen tragen, auch wenn es heutzutage nicht mehr so häufig vorkommt wie etwa in den 60er und 70er Jahren. Einige Knickschwänze bei Neugeborenen sind nicht genetischer Natur, sondern sind durch Lageanomalien un Uterus entstanden. In einigen Linien komme Verkrüppelungen und Kalkablagerungen an der Wirbelsäule vor, die je nach Ausprägung lethal sein können.
 
 
In Ländern mit hohen Inzuchtraten gibt es einen höheren Prozentsatz an genetischen Erkrankungen, weil man nicht ausreichend Zuchtmaterial hat, um Katzen mit genetischen Defekten aus der Zucht herauszunehmen.
 
Das Resümee aus diesem Artikel: vorsichtig sein beim Katzenkauf und nicht nur auf die Schönheit schauen.
Katzen, die einen genetischen Defekt tragen, müssen aus der Zucht genommen werden